Raum der Entscheidungen

Der Raum der Entscheidungen

So ist also die Klugheit
notwendigerweise
eine mit Überlegung verbundene wahre Disposition des Handelns
in Bezug auf die menschlichen Güter.

Aristoteles

Da wir früher gesagt haben, dass man das Mittlere (meson) wählen muss, nicht das Übermaß (hyperbolē) oder den Mangel (elleipsis), und dass das Mittlere durch die richtige Überlegung (logos orthos) bestimmt ist, wollen wir dies letztere analysieren. Bei allen Dispositionen, die wir genannt haben, ebenso wie bei den anderen, gibt es einen Zeitpunkt (skopos), mit Blick auf denjenigen, der die richtige Überlegung besitzt, die Sehne seines Bogens anspannt oder lockert, und es gibt ein Kriterium (horos) zur Bestimmung der mittleren Disposition, die, wie wir sagen – indem sie der richtigen Überlegung entsprechen -, zwischen Übermaß und Mangel liegen.

Aristoteles

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Das Herstellungswissen

Das Herstellungswissen

Jedes Herstellungswissen hat mit einem Entstehen zu tun,

das heißt damit,

dass man sich ausdenkt und zusieht,
wie etwas von den Dingen,
die sowohl sein als auch nicht sein können,
entstehen könnte,

und zwar von solchen Dingen,

deren Ursprung im Herstellen liegt
und
nicht im Hergestellten.

Denn das Herstellungswissen bezieht sich weder auf das,
was mit Notwendigkeit ist oder entsteht,

noch auf das
was von Natur aus entsteht,
weil dies seinen Ursprung in sich selbst hat.

Aristoteles

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Die Wissenschaft

Die Wissenschaft

Was Gegenstand des Wissens ist, ist also mit Notwendigkeit.

Daher ist es ewig; denn alles, was im absoluten Sinn (haplōs) mit Notwendigkeit ist, ist ewig, und was ewig ist, unterliegt nicht dem Entstehen und Vergehen.

Die Induktion nun führt zur Erkenntnis des Ausgangspunkts (archē), das heißt des Allgemeinen (katholou), während der deduktive Schluss vom Allgemeinen ausgeht.

Die Wissenschaft ist folglich eine Disposition, die sich im Beweisen betätigt (hexis apodeiktikē), mit all den weiteren Definitionskriterien, die in den Analytiken genannt werden.
Dann nämlich hat jemand Wissen, wenn er auf bestimmte Weise überzeugt ist und ihm die Ausgangspunkte bekannt sind. Sind ihm diese nicht bekannter als die Schlussfolgerung, wird er das Wissen nur zufällig haben.

Aristoteles

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Die Vernunfttugenden

Holen wir nun weiter aus und erörtern wir die vernünftigen Bestandteile
der Seele noch einmal. Es sei angenommen, dass es fünf Dispositionen
gibt, mit denen die Seele durch Bejahen und Verneinen
die Wahrheit trifft:
Herstellungswissen (technē),
Wissenschaft (epistēmē),
Klugheit (phronēsis),
Weisheit (sophia),
intuitives Denken (nous).

Aristoteles

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Die Definition der Wahrheit

Die Definition der Wahrheit

Ebensowenig aber kann zwischen den beiden Gliedern des Widerspruchs etwas mitten inne (metaxý)liegen, sondern man muss notwendig jedes von jedem entweder bejahen (phánai) oder verneinen (apophánai). Dies erhellt zuerst aus der Bestimmung der Begriffe wahr und falsch.

Zu sagen nämlich,
das Seiende sei nicht oder
das Nicht-seiende sei, ist falsch,
dagegen zu sagen,
das Seiende sei und
das Nicht-seiende sei nicht, ist wahr.

Wer also ein Sein oder Nicht-sein prädiziert, muss Wahres oder Falsches aussprechen.

Aristoteles

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Wer könnte wohl die Tür verfehlen? – Shit happens -auch mit Vernunbft ;-)

Otl Aicher war mit seiner Ausstellung „Wilhelm von Ockham – Das Risiko modern zu denken“ von 1986 die ausschlaggebende Inspiration für die Darstellung. In seiner Ausstellung erzählen 36 Bild- und 48 Texttafeln vom Leben und Werk des mittelalterlichen Philosophen Wilhelm von Ockham. Die Texttafeln waren den Bildtafeln von der Wichtigkeit gleichgestellt.

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Systematische Entscheidungen

Der Wasserturm

Das Foto ist an einem meiner Lieblingsplätze – unter der Riedbahnbrücke -entstanden.  Dorthin gehe ich gerne, wenn ich schwierige und schwerwiegende Entscheidungen  zu treffen habe. Über dem Neckar liegt ein Dunst, der den Blick in die Ferne trübt.

Bei vielen Entscheidungen blickt man in die Zukunft. Je weiter man in die Zukunft blickt, desto undeutlicher wird das Bild, da das Bild von immer mehr Entscheidungen abhängt, die in der Zukunft erst noch getroffen werden.

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12 M – Stadt der Vernunft


Seit vielen Jahren bin ich auf der Suche nach einer neuen Vernunft, die auch dann noch hilft, wenn man unvernünftig sein sollte.

Das Leben hat mich gelehrt, dass es zu einem Problem viele gute Lösungen geben kann und sich unterschiedliche Menschen zu Recht unterschiedliche Lösungen suchen. Ich glaube noch nicht einmal, dass es für einen Menschen die beste Lösung gibt.

George Bernard Shaw macht seinen Spaß mit den Vernünftigen, indem er eine eingeschränkte Vernunft mit dem Problem des Fortschritts konfrontiert. Auf meiner Suche nach einem „besseren“ Rationalismus bin ich während meines Studiums auf den kritischen Rationalismus gestoßen. In vielen Situationen mag ein kritischer Rationalismus eine gute Wahl sein. Er kommt auch mit dem Problem des Fortschritts besser zu Recht. Aber für die Methoden, welche die Vernunft herbeiführen sollen und die auch dem kritischen Rationalismus zugrunde liegen, habe ich etwas besseres gefunden: naturalisierte Techniken, die mittels ingenieurwissenschaftlicher Systematiken weiterentwickelt werden. So habe ich heute eine Vernunft gefunden, die auch die Unvernüftigen in Shaw’s Aphorismus mit einschließt. Warum ich ingenieurwissenschaftliche Systematiken den sozialwissenschaftlichen Methoden vorziehe, ist aber eine andere Geschichte. Es ist die Geschichte des lösungsneutralen Aufstellens von Problemen des normalen Lebens, der Wissenschaft, der Kunst, des Glaubens an Gott und die Welt.

Die Wahrheit erreicht man teilweise leicht und teilweise schwer
Auf Flickr finden sie von mir viele Bilder der 12

Weitere Informationen warum die 12 und die 13 eine besondere Bedeutung für mich haben, finden sie hier.

Carpe diem et noctem

Der Wasserturm

Für welche Vernunft man sich auch entscheidet, am Ende steht immer eine persönliche Entscheidung. Und es bleibt immer auch ein Raum für Wünsche an eine zukünftige, bessere Vernunft.


Ich bin seit meiner Kindheit mit den Zahlen 12 und 13 sowie mit dem Buchstaben „M“ innig verbunden. Der Buchstabe „M“ ist sowohl der 13. Buchstabe des Alphabets als auch der Anfangsbuchstabe meines Nachnamens. Der Übergang von der 12 zur 13 steht für mich für den Wechsel von der eingeschränkten Vernunft eines klassischen Rationalismus zu einer neuen, erweiterten Vernunft. Dem Übergang zu einer erweiterten Vernunft habe ich einen Namen gegeben; einen Namen, den auch unser Atelier für Philosophie trägt: Carpe Diem et Noctem. Das Foto „12 M“ bildet den Ausgangspunkt für die Serien „Die Wandelhallen des ewigen Donners“. Das Bild löst bei mir viele Erinnerungen an längst zurückliegende Zeiten aus. Die CarloSchmid-Brücke verbinde ich seit vielen Jahren mit den Zahlen 12 und 13. Der Bau der Brücke startete im Jahr 1972 als ich 12 Jahre alt war und endete im Jahr 1973. Seither zieht es mich immer wieder an diesen Ort zurück. Manchmal gehe ich nur hindurch, manchmal sitze ich unter der Brücke und halte für einen Moment inne.

Seit einigen Jahren ist unter meiner Brücke auf den Neckardamm auch die Zahl 12 in riesigen Ziffern weithin sichtbar aufgesprüht. Die Zahlen 12 und 13 spielen in vielen Kulturen eine Rolle. Wenn man im Internet nach dem chinesischen Kalender sucht, findet man folgende Geschichte: »Buddha lud einst alle 13 Tiere der Tierkreiszeichen zu einem Fest ein. Die Katze gehörte ursprünglich auch dazu. Die Maus erzählte jedoch der Katze, dass das Fest einen Tag später stattfinden würde. Die Katze legte sich schlafen und träumte vom Fest. So kam es, dass nur zwölf Tiere, alle außer der Katze, zum Fest kamen. Das erste Tier war die Ratte (Maus), ihr folgten der Büffel (das Rind), der Tiger, der Hase, der Drache, die Schlange, das Pferd, die Ziege (das Schaf), der Affe, der Hahn (das Huhn), der Hund und schließlich das Schwein. Jedes Tier bekam ein Jahr geschenkt, und er benannte es nach ihm. So erhielt die Ratte das erste, der Büffel (das Rind) das zweite, der Tiger das dritte Jahr und das Schwein schließlich das zwölfte. Dies geschah in der Reihenfolge, in der sie gekommen waren. Alle erklärten sich damit einverstanden. Da die Katze nicht kam, wurde ihr auch kein Jahr zugeteilt, und (sie) wurde somit ausgeschlossen.«

Seit jener Zeit wiederholt sich der chinesische Kalender in 12er und 60er (12*5) Jahreszyklen. Auch in der jüdischen und der christlichen Kultur spielt die Zahl 12 eine große Rolle. Die zwölf Stämme Israels bilden das von Gott erwählte Volk und auch Jesus wählte zwölf Apostel; sehr oft steht die Zahl 12 für die vernünftige Wahl. Für mich hat sich die 12 zu einem Symbol für die vernünftige Wahl im klassischen Rationalismus entwickelt, einem Rationalismus der suggeriert, es gäbe für ein Problem eine beste Lösung oder für eine Entscheidung eine beste Wahl. Der klassische Rationalismus beginnt für mich mit Aristoteles und der Nikomachischen Ethik. Seither bewegen sich abendländische Philosophen – bewußt oder unbewußt – in der von ihm entwickelten Systematik. Die Nikomachische Ethik hat über zwei Jahrtausende nichts von ihrem ursprünglichen Glanz eingebüßt. Dafür mag es unzählige Gründe geben. Für mich persönlich ist die vollständige Systematik, mit der Aristoteles die ganze Thematik erfasst, der Hauptgrund. Es gibt wenig Philosophen, die eine vergleichbare Systematik erreicht haben und ich kenne nur einen davon persönlich: Hans Albert.

Hans Albert hat viele Jahre an der Universität Mannheim gelehrt und dabei den Kritischen Rationalismus, der von Karl Popper entwickelt wurde, zu einer neuen Vernunft geformt, die sich von Poppers Logik der Forschung in vielen Details wohltuend unterscheidet. Die Albertsche Variante des Kritischen Rationalismus ist — wegen ihres kritischen Realismus — die einzige Philosophie, der ich mich gerne anschließen würde, weil sie mehr als jede andere Position, um eine neue Vernunft bemüht. Deshalb kommt Hans Albert zu Wort, wenn in den Wandelhallen des ewigen Donners Argumente mit der aristotelischen Waage der Vernunft abgewogen werden.

Am Ende steht immer eine persönliche Entscheidung. Und es bleibt immer auch ein Raum für Wünsche an eine zukünftige Vernunft.

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