Zen Fotografie

Fotografieren kann man ohne Sinn und Zweck. Und auch der Verstand muss nicht beteiligt sein. Man nimmt eine Kamera und knipst darauf los. So betrachtet ist Fotografieren kinderleicht. Jeder kann sofort Fotografieren.

Manchmal entstehen auf diesem Weg sogar ansehnliche Fotos. Wenn man dem Fotografieren aber einen Sinn und einen Zweck gibt, dann ist es nicht mehr kinderleicht; dann steht das spätere Bild im Mittelpunkt der Überlegung und es fallen sehr wenige Meisterfotografen einfach vom Himmel. Die Mehrheit der Fotografen hat als Anfänger begonnen und nur Wenigen, ist es gegönnt, Bilder zu machen, die den Betrachter fesseln und nicht mehr los lassen.
Andreas Feininger hat in seinem Buch „Grosse Fotolehre“ gesagt, dass es nach seiner Erfahrung zwei Arten von Fotografen gibt:

  • Solche, die an den technischen Aspekten des Fotografierens interessiert sind und die in die Technik verliebt sind. Vielleicht meinen sie deshalb, dass Bilder meisterlich sind, wenn sie technisch ohne Makel sind und die richtige Schärfe, die richtige Komposition, die richtige Pespektive, etc. haben – also Bilder, die technisch einwandfrei gemacht sind. Solche Fotografen haben die beste Ausrüstung, das neueste Kameramodell, die lichtstärksten Objektive und jedes erdenkliche Zubehör. Sie sind so auf die Technik fixiert, dass sie oft nicht wissen, was sie fotographieren sollen und machen selten Aufnahmen, die der Mühe wert sind.
  • Die anderen Fotographen, für die das Bild das Wichtigste ist. Solche Fotographen haben eine Kamera, um Bilder zu machen; Bilder, die jene Motive präsentieren, die sie interessieren und Aussagen über die fotographierten Motive machen. Solche Fotografen werden von ihrem Interesse an den Bildern und den Motiven geleitet. Ihr Interesse leitet sie auch bei der Beantwortung der Frage, warum sie die Bilder machen. Solche Fotographen haben verstanden, dass es die richtige Schärfe, die richtige Komposition, die richtige Perspektive nicht gibt. Fotographieren ist in diesem Fall ein Schaffensprozess, der vom Ergebnis und einem Konzept bestimmt ist. Das Konzept erklärt, das Warum des Schaffensprozess genauso wie die Qualität des Prozesses und seiner Ergebnisse. Die Qualität der Ergebnisse hängt mit dem Warum des Schaffensprozesses und der Aussagen des Bilder zusammen. Die Schärfe, die Komposition, die Perspektive, etc. muss zum Warum des Schaffensprozesses und zur Aussage des betrachteten Bildes passen. Es geht also um eine passende Schärfe, eine passende Komposition, eine passende Pespektive, etc. , die besser oder schlechter passen kann in Hinblick auf die Aussage des Bildes. Es geht also nicht, um ein absolutes Richtig oder Falsch, sondern um ein relatives Richtig oder Falsch, das nur im Kontext des Warum des Schaffensprozesses und des gewählten Konzepts richtig oder falsch erscheint.

Genau für jene Fotografen, die das Fotografieren als Schaffensprozess betrachten, sind unsere Übungen, Workshops, Walks, etc. gemacht. Wir betrachten den Schaffensprozess als Architekturprozess und unsere Lehre der Fotografie ist eine Architekturlehre. Die Architekturlehre der Fotographie, erlaubt es den Schaffensprozess zu planen und die Ergebnisse zu beschreiben, ohne sich Gedanken über die notwendige photografische Ausstattung zu machen. Dazu ist es notwendig, sich auf jene Gestaltungsmöglichkeiten, Begriffe, etc. zu beschränken, die später auch zur Analyse der Bilder herangezogen werden können. Solche Gestaltungsmöglichkeiten sind unabhängig von der technischen Ausstattung gültig und ohne auf die technische Umsetzung einzugehen verständlich.  Wir fassen dazu alle Gestaltungsmöglichkeiten auch als Bildanalysekriterien auf und analysieren, ob im Kontext des gewählten Konzepts eine passende Komposition der folgend Gestaltungsmöglichkeiten getroffen wurde.

Haben wir genügend Erfahrung gesammelt, wissen wir eher wohin wir wollen. Dann stellen wir das fotografische Problem, das wir lösen wollen, lösungsneutal auf. Welche Kamera die richtige dafür ist und ob wir eine solche Kamera besitzen, spielt erst bei der Umsetzung und damit bei der Lösung des Problems eine Rolle. Wer die Lösung an den Anfang stellt, wird die besten Bilder seines Lebens möglicherweise verpassen.

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